Montag, 2. August 2010

Viel Schein, wenig Sein

Trotz heftigem Regen knallte und blitzte es dieses Wochenende fürchterlich. So wird die Schweiz gefeiert mit viel Schein. Vida macht sich nichts daraus, musste sich wohl von früh an an Lärm und Knallen bei den Windhundrennen gewöhnen. Vor drei Jahren machten wir den grossen Fehler, Vida an ein Downhill-Rennen von Moritz mitzunehmen. Das Schreien, Pfeifen und die Kuhglocken waren zu viel für sie, sie geriet fast in Panik, zitterte stark und wir konnten sie nur mit Mühe beruhigen.

Lola und Lucy ängstigten sich gestern sehr, obwohl Lola das erste Mal etwas ruhiger war, sich nicht mehr in die hinterste Ecke verkroch, aber Lucy war extrem angespannt. Haus und Auto sind für beide Hunde wichtige Schutzorte.

Wir fuhren am Abend weg vom Dorf ein Stück in einen Wald, aber die Schweiz ist klein und dicht besiedelt, auch das Knallen und Blitzen in der Ferne war zu viel. Einige der Menschen mit Hunden, die wir kennen, fahren ganz weg, zum Beispiel in den Schwarzwald. Dünkt mich eine gute Idee, sollten wir das nächste Jahr auch machen.

Heute war ich das erste Mal im Laden Fressnapf, suchte dort wieder mal vergebens nach vegetarischem Hundefutter. Mich stört enorm, wie bei Tierfutter vorgegaukelt wird, es sei mehr, als es ist. Da gibts Futter, wo draufsteht: mit Huhn und Reis. Wer das Kleingedruckte liest, stellt fest: 4% Huhn, 7% Reis. Der Rest besteht aus Schlachtabfällen (Rind, Schwein, Pferd???) und Zusatzstoffen. Kein Wunder, dass viele Hunde irgendwann Krebs bekommen. Viel Schein, wenig Sein. Konsumentenzeitschriften stellen immer wieder fest, dass auch wir Menschen mit Produkten, die für uns bestimmt sind, angelogen werden. Ich hab, weshalb weiss ich auch nicht, immer das Kleingedruckte gelesen. Unvergesslich ist mir der Moment vor vielen Jahren in den USA, als Patrick einen Orangensaft gekauft hatte, wo alles Mögliche drin war, ausser Orangen. Ich weigerte mich, dies zu trinken. Für Patrick eine völlig neue Erfahrung. Ich würde jetzt gerne schreiben, dass Patrick seither alles Kleingedruckte liest, aber das wäre übertrieben. Manchmal stimmt eher.
Eigentlich glaube ich ja an das Gute im Menschen. Eigentlich. Glaube ich. Bei Tieren weiss ich, dass sie gut sind. Menschen sind einfach elende grosse Egoisten, meistens unfähig, andere Bedürfnisse als die eigenen wahrzunehmen. Ausserdem sind die meisten Menschen faul. Sie meinen, sie sollten alles, was sie wollen, ohne grosse Anstrengung bekommen. Sie produzieren auf ihre faule Art Produkte, schreiben was Tolles drauf, andere Menschen kaufen die, weil sie zu faul sind, das Kleingedruckte zu lesen und weil es so bequem ist, zu glauben, was da steht. Ja, und deshalb ändert sich nichts. Der Kreislauf des schönen Konsums. Schein ist wichtiger als Sein.

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