Donnerstag, 1. April 2010

Über Charakter

April und immer noch Winter. Seit November haben wir kaltes Wetter, somit herrscht in der Schweiz 5 bis 6 Monate lang der Winter. Die Sommer dauern, wie wir alle wissen, drei Wochen. Der Rest ist Übergangs- bzw. Regenzeit. Ich möchte hier festhalten, dass ich mit den klimatischen Bedingungen in der Schweiz etwas unzufrieden bin.
Heute Mittag erntete ich von den beiden Windhunden vorwurfsvolle Blicke, als ich die Haustüre öffnete und sie die Köpfe in den Schneeregen raussteckten. Sie mögen nasses Wetter gar nicht. Lola ist jedes Wetter recht, trägt sie doch einen dicken Pelzmantel. Lola hat sowieso einen sanften Charakter, sie zu einem angenehmen Begleithund zu erziehen war einfach. Zum Glück. Seit einigen Wochen brauchen wir eine Ultraschallpfeife; bei Lola wirkt sie immer. Bei Vida oft und bei Lucy, für die sie gedacht ist, manchmal. Auch Vida ist eine grundfreundliche Hündin, bei der wir nicht viel Zeit für die Erziehung verschwenden mussten. Vida tut meistens, was wir wollen, weil sie uns liebt.
Für mich ist das DIE Grundlage für eine Erziehung: die Beziehung. Kinder und Hunde sollen das tun, was ich möchte, weil sie mir vertrauen, dass ich es gut meine, weil wir eine Beziehung haben. Ich mag Rumkommandieren und Strafen überhaupt nicht. So bin ich als Lehrerin, als Mutter, als Hundebesitzerin. Ich habe auch mit Lucy keine grossen Probleme, meistens gehorcht sie ganz gut. Lucy und ich haben eine Beziehung, sie mag mich, ich mag sie. Vor einigen Tagen hatte ich folgenden Traum: Ich band Lucy irgendwo an einem öffentlichen Ort an, weil ich ins Pilates ging. Aber ich fühlte mich nicht wohl dabei, befürchtete, etwas könnte passieren. Was auch eintraf. Ein kleiner Junge gab Lucy einen Kaugummi und sie erstickte daran. Als ich es erfuhr, verschlug es mir vor Traurigkeit die Sprache, ich probierte, ihren Namen zu sagen, was mir nicht gelang. Zum Glück war das nur ein Traum!
Nun ist es so, dass Lucy die Menschen, zu denen sie keine tiefe Beziehung hat, ignoriert. Moana machte diese Erfahrung letzten Sonntag, als Patrick und ich an einer Retraite waren und sie die Hunde betreute. Lucy zeigte sich von ihrer nicht so einfachen Seite, jagte einen Velofahrer, verschwand lange im Wald und scherte sich einen alten Hut um Moana. Lucys Charakter kann nicht unbedingt mit "sanft" beschrieben werden. Sie hat etwas Eigenwilliges, Widerspenstiges an sich. Mir gefällt das, ich finde, wir sind nicht auf dieser Welt, um es allen recht zu machen. Ok, Hunde sollten sich schon den Menschen anpassen, aber ich bevorzuge eigenwillige Hunde den kriecherischen. Ich brauche kein abgerichtetes geducktes Wesen - deshalb kann ich auch mit den Tiervorführungen in Zirkussen absolut nichts anfangen. Find ich sowas von nicht lustig. Wer möchte, dass Lucy besser gehorcht, muss halt in eine Beziehung zu ihr treten. So einfach ist das!

3 Kommentare:

  1. Die Beziehung ist das eine, aber es muss auch das richtige Vertrauen beider Seiten da sein: ich möchte Lucy vertrauen, dass sie nicht einen Velofahrer anspringt und der danne einen Unfall macht oder dass sie einer Frau versucht den Walking-Stock zu stehlen - wenn sie in solchen Situation nicht auf mich hört, wenn ich sie zurückrufe, ist mir das a) peinlich für die anderen Leute und b) was erkläre ich den Leuten, wenn sie mir sagen, ich wisse nicht mit dem Hund umzugehen (was ich von mir nicht behaupten würde?) und c) geht es auch um Sicherheit (der anderen und des Hundes - falls z.B. ein Auto kommt, muss ich Lucy zurückrufen können, oder bei einem Pferd, das auschlagen könnte und Lucy treffen). Ich möchte dieses Vertrauen haben, dass in solchen Situationen der Hund auf mich hört, da es mir wichtig ist. Und Lucy sollte sich auch auf mich verlassen können, dass ich die Siutationen richtig einschätze - einmal darf sie laufen gehen, kommt aber ein Auto, möchte ich sie zurückrufen können auch zu ihrer Sicherheit.
    so ist das!

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  2. Ja, du hast schon recht. Eine Beziehung aufbauen braucht Zeit und Geduld, deshalb ist auch erlaubt, zum Schutz von Lucy und anderen Lucy zwischendurch an die Leine zu nehmen. Das hab ich oft mit Lola gemacht, wenn sie zu lange weg blieb oder jemandem nachgerannt war oder Kinder angebellt hatte. Später musste sie dann nach solchen Situationen eine Weile Fuss laufen. Bei Lola hats gewirkt und ich denke, auch bei Lucy wird dies längerfristig nützen. Je mehr dich ein Hund akzeptiert, desto mehr wird er dir gehorchen!

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  3. Das wichtigste ist ja, eine unsichtbare Leine zu haben, und bis man die hat und es in der Beziehung mit dem Hund funktioniert, ist ein (langer?) Weg zu gehen. Lucy ist hier ja noch am Anfang - Vida und Lola sind da schon viel weiter!

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